Seit
ihrer Gründung im Mai 1993 erfreut sich die Straße der Romanik eines
stetig wachsenden Besucherinteresses. Das Tourenprogramm umfasst
72 faszinierende Ziele und Sehenswürdigkeiten im Land. Wuchtige
Mauern aus hellem und dunkelrotem Sandstein tragen das Kupferdach
der niedrigen Basilika. Die symmetrische Anlage mit den beiden massiven
Rundtürmen strahlt Ruhe aus. Das Kloster Unser Lieben Frauen ist
ein typisches Beispiel romanischer Architektur (950-1250) und das
älteste erhaltene Bauwerk Magdeburgs.
Vor zehn Jahren wurde hier die Straße der Romanik feierlich eröffnet.
Und dies aus gutem Grund: Im Mittelalter lag Magdeburg im Kernland
kaiserlicher Herrschaft. Von Otto I. 962 zum Erzbistum erhoben,
entwickelte es sich zu einem kulturellen Zentrum. Heute ist die
Stadt Ausgangspunkt für die nördliche und die südliche Route der
insgesamt rund 1000 Kilometer langen Touristentour durch Sachsen-Anhalt.
Sie führt zu 72 Sehenswürdigkeiten in 60 Orten, vorbei an Burgen
und Kaiserpfalzen, vor allem aber an sakralen Bauten wie Kirchen,
Domen und Klöstern. Einige sind heute nur noch Ruinen, viele im
Laufe der Jahrhunderte stilistisch verändert, manche im reinen romanischen
Stil erhalten mit Rundbögen, wehrhaften Türmen und schwerem Mauerwerk
in ruhiger, klarer Gliederung.
Die Nord-Route durchquert das Umland von Magdeburg und die Altmark.
Der Weg führt vorbei an den Benediktinerklöstern in Groß Ammensleben
und Hillersleben nach Hundisburg. Von der im 12. Jahrhundert errichteten
Dorfkirche blieb nur eine Ruine zurück.
In Diesdorf erwartet den Besucher ein besonders gut erhaltenes Beispiel
spätromanischer Sakralarchitektur. Dort steht umgeben von hohen
Bäumen die ehemalige Augustinerinnenkirche St. Maria und Crucis.
Die mit Rund- und Kreuzbogenfriesen verzierte Klosterkirche war
Teil einer Anlage, die im 13. Jahrhundert zur Unterstützung der
Slawenmission gegründet wurde. Eine weitere Attraktion ist das Freilichtmuseum,
das eine Ahnung vom historischen Alltag in der Altmark gibt.
Die nächste Station ist Salzwedel. Die mittelalterliche Hansestadt
entstand im Schutz einer Burg, die den Verkehr auf der Salzhandelsstraße
von Hamburg nach Magdeburg sicherte. Innerhalb der Befestigungsmauern
errichtete man wahrscheinlich im 13. Jahrhundert die Lorenzkirche.
Ihr Dach ist mit schwarz glasierten Ziegeln gedeckt. Die Wände zieren
weiß abgesetzte Friese und aufwändig eingefasste Fenster.
In Arendsee, dem nächsten Ort auf der Straße der Romanik, lohnt
der Besuch der Kirche des ehemaligen Benediktinerinnenklosters.
Der Backsteinbau beherbergt in seinem Inneren ein seltenes, geschnitztes
Kruzifix aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, eines der wenigen
kunsthandwerklichen Stücke der Epoche.
Der Weg führt weiter über die Bischofsstadt Havelberg nach Jerichow.
Hier steht eines der bedeutendsten Bauwerke der norddeutschen Romanik:
ein ehemaliges Prämonstratenserstift mit Klosterkirche, Kreuzgang
und Klausur. Seine Säulenkapitelle tragen Darstellungen von Pflanzen,
Tieren und Dämonen. Die Backsteinkirche diente zahlreichen Kirchen
des Umlandes als Vorbild.
Den letzten Abschnitt der Nord-Route säumen verschiedene Dorfkirchen.
In Pretzien sollte man sich Zeit für die spätromanischen Wandmalereien
nehmen.
Richtung Süden führt die Straße der Romanik durchs Bördeland bis
hin zum Harz und in einem weiten Bogen zurück nach Magdeburg.
Halberstadt entwickelte sich schon früh zu einem Machtzentrum im
Osten des Reiches. Bereits zu Beginn des 9. Jahrhunderts wurde die
Stadt von Karl dem Großen zum Bischofssitz erhoben. Neben dem Dom
aus gotischer Zeit, prägen die romanische Liebfrauenkirche und die
Martinikirche das Stadtbild.
Eine besondere Stellung auf der Straße der Romanik nimmt Quedlinburg
ein: Seine historische Altstadt und die beiden mittelalterlichen
Kirchen wurden von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. In der
romanischen Wipertikirche fand 929 die Hochzeit von Kaiser Otto
I. und der englischen Prinzessin Editha statt.
Burg Falkenstein, hoch gelegen auf einem Felsen über dem Selketal,
gehört zu den wenigen Profanbauten entlang der Straße. Mit vier
Meter dicken Wänden und einem 31 Meter hohen Burgturm, der eine
weite Sicht ins Umland erlaubt, war die imposante Höhenburg gut
auf Belagerungen vorbereitet. Im 13. Jahrhundert entstand in ihren
Gemäuern der "Sachsenspiegel", das erste Rechtsbuch in der deutschen
Volkssprache, das Eike von Repgow aus dem Lateinischen übersetzte.
Auf den Spuren von Rittern, Grafen und Königen ist man auch in Tilleda.
In der als Freilichtmuseum rekonstruierten Königspfalz hielten die
deutschen Herrscher ihre Hoftage ab: Sie berieten sich mit den Fürsten
und sprachen Königsrecht. 972 ist die Pfalz erstmals erwähnt und
erscheint während der nächsten dreihundert Jahre immer wieder als
Ausstellungsort kaiserlicher Urkunden.
Die Anfänge der Stadt Naumburg datieren aus dem Jahr 1000. Mit dem
Bau des viertürmigen Doms St. Peter und Paul wurde zu Beginn des
13. Jahrhunderts begonnen. Er zeigt die Ablösung der romanischen
durch gotische Stilelemente. Berühmt sind seine Skulpturen, die
die Kirchenstifter realistisch darstellen.
Auf dem Weg zurück nach Magdeburg fällt die Stiftskirche St. Petrus
auf, die hoch gelegen auf dem Petersberg das Umland überragt. Sie
wurde im Jahr 1124 von Markgraf Konrad von Meißen und Dedo von Wettin
gegründet. Drei Generationen der wettinischen Stifterfamilie sind
in der Kirche beigesetzt.
Von Diane von Hohnhorst
Quelle: Volksstimme vom 8. Mai 2003
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