Kirchenwappen: A für Ammensleben, Schlüssel und Schwert als Symbole der Schutzheiligen
           
Die ehemalige Klosterkirche St. Peter und St. Paul Eingangsportal an der Südseite der Kirche Blick ins Kirchenschiff nach Osten Das Pfarrhaus Der Hochaltar von 1769 Blick auf die Orgelbühne
           
Kirchenwappen: A für Ammensleben, Schlüssel und Schwert als Symbole der Schutzheiligen

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Inseln des alten Glaubens

Im heutigen Sachsen-Anhalt konnten 17 Klöster in einer sonst ganz protestantischen Umgebung ihr katholisches Bekenntnis bewahren.

„Haben Sie unsere Kirche schon von innen gesehen? Dann kommen Sie mal!“ Nicht ohne Stolz zeigt Doris Wacha Besuchern die Pfarrkirche St. Nikolaus in Adersleben, östlich von Halberstadt in Sachsen-Anhalt. Und tatsächlich: Das barocke Gotteshaus, das äußerlich saniert mitten auf einem ziemlich trostlosen, ehemaligen Gutshof steht, macht in seinem Innern einen hellen, einladenden Eindruck. Jeden Sonntag feiert die rund 50 Gottesdienstbesucher und 250 Mitglieder zählende Gemeinde hier heilige Messe, und auch an manchen Werktagen versammeln sich Gläubige zum Gottesdienst. Pfarrer ist allerdings keiner mehr am Ort, der letzte Seelsorger starb 1997. Er hatte seit 1990 für die Restaurierung der Kirche gesorgt. Die Gemeinde wird heute durch den Pfarrer von Gröningen betreut. Gute Seele im Pfarrhaus, einem Teil der einstigen Klostergebäude, ist die 70-jährige Doris Wacha, Haushälterin des letzten Pfarrers.

Die ehemalige Benediktiner-Klosterkirche von Groß Ammensleben.Der barocke Altarraum, aber auch die Orgel der St.-Nikolaus-Kirche präsentieren sich so, wie sie vor 250 Jahren von ihren Baumeistern geschaffen wurden. Eine ebenfalls gut erhaltene, gotische Muttergottesstatue vor dem linken Seitenaltar verweist jedoch noch auf weit frühere Zeiten, als hier bereits ein Gotteshaus stand. „Unsere kleine Pfarrei hat eine lange, auch über die Reformationszeit währende Geschichte“, erklärt Frau Wacha. Am 6. Dezember 1260 wurde hier ein Frauenkloster eingeweiht und zehn Jahre später mit der schon davor bestehenden Pfarrei vereinigt. Der Propst des Klosters war zugleich der Pfarrer. Das Kloster hat bis zur Enteignung seiner Güter durch den preußischen Staat im Jahre 1809 bestanden.
„Dass das Zisterzienserinnenkloster Adersleben, aber etwa auch das ebenfalls nahe Halberstadt gelegene Benediktinerkloster Huysburg oder das Benediktinerkloster Groß Ammensleben nördlich von Magdeburg so lange existieren konnten, hängt vor allem mit der Bursfelder Reform im 15. Jahrhunderts zusammen“, erklärt Pfarrer Peter Zülicke aus Staßfurt, der sich ausführlich mit der Kirchengeschichte der Region und des 1994 wieder errichteten Bistums Magdeburg beschäftigt hat. 14 Klöster im einstigen Bistum Halberstadt und drei im alten Erzbistum Magdeburg sind über die Reformation hinweg vor allem deshalb katholisch geblieben, weil in ihren Mauern solides klösterliches Leben praktiziert und auch die wirtschaftlichen Verhältnisse stabil waren. Mönche des Klosters Huysburg, in dem seit 1972 wieder Benediktiner leben, gehörten zur Gründungsgruppe der Bursfelder Reformkongregation. Dabei handelte es sich um einen Zusammenschluss deutscher Mönchsklöster zur geistlichen Erneuerung und gegenseitigen Stärkung. Als die Anhänger Martin Luthers die Reformation in die Klöster bringen und sie aufheben wollten, weigerten sich diese Ordensleute. Die Folge waren nicht selten Plünderungen und Brandschatzungen im Bauernkrieg und auch in späteren Jahren.
„Auch Adersleben war betroffen. Das Kloster wurde 1525 völlig ausgeplündert“, erzählt Doris Wacha. Dabei wurde auch die gotische Dorf- und Klosterkirche zerstört. Doch die Zisterzienserinnen setzten ihr gemeinsames Leben fort, mussten zeitweise im Dorf unterkommen, zogen einige Jahre ins zwölf Kilometer entfernte Halberstadt, um schließlich in Adersleben wieder von vorn zu beginnen.
Ähnlich verlief die Geschichte in dem nördlich von Magdeburg gelegenen Benediktinerkloster Groß Ammensleben, wo bis in die Gegenwart mit Stefan Lorek noch ein katholischer Pfarrer wirkt. Die einstige Klosterkirche liegt an der Straße der Romanik; denn die Basilika St. Peter und Paul reicht in ihren Mauern bis ins 12. Jahrhundert zurück. Auch die Mönche von Groß Ammensleben hatten im 15. Jahrhundert ihr zuvor heruntergekommenes Klosterleben reformiert. Durch geschicktes Verhalten blieb das Kloster während des Bauernkrieges unangetastet.
Trotz der Visitationen durch evangelische Landesherren im 16. Jahrhundert widerstanden die Mönche allen Versuchen der Einführung der neuen Lehre. „Für mich sind es vor allem die Äbte dieser Zeit wie Ludgerus Huffgen, die für einen Fortbestand des Klosterlebens sorgten“, sagt Pfarrer Lorek. In den weltlichen Gemeinden sei die neue Lehre eher übernommen worden, wobei den Leuten oftmals nicht bewusst gewesen sei, dass sie protestantisch wurden, meint Pfarrer Zülicke. Zudem seien die Weltgeistlichen theologisch ungebildet gewesen, eine Situation, die erst nach dem Trienter Konzil (1545–1562) verbessert wurde. „Hinzu kommt“, so Zülicke, „dass noch für einige Zeit der Erzbischof von Mainz und Magdeburg und Bischof von Halberstadt, Kardinal Albrecht von Brandenburg, sowie die nachfolgenden Administratoren für die Aufrechterhaltung des katholischen Glaubens sorgten. Das Domkapitel machte in dieser Zeit einen schlauen Zug: Es wählte ein zweijähriges Kind zum Administrator, das erst mit 14 sein Amt antreten durfte.“ Mit dem Westfälischen Frieden von 1648 galt dann: Was in den „Normaljahren“ 1624 und 1627 katholisch war, durfte katholisch bleiben. Im Domkapitel von Halberstadt übrigens blieben einige Plätze für katholische Chorherren erhalten.
Dass die Klosterkirchen während der Säkularisation Anfang des 19. Jahrhunderts Pfarrkirchen wurden, hängt auch damit zusammen, dass die meisten der Klöster bereits seit dem Mittelalter Pfarrrechte besaßen und die Pfarreien nicht angetastet wurden. Dies war im Zisterzienserinnenkloster Adersleben genauso wie bei den Benediktinern von der Huysburg oder in Groß Ammensleben. „Zum Teil gab es da dann ganz eigentümliche rechtliche Konstruktionen“, sagt Pfarrer Zülicke, „etwa, dass die Kinder der katholischen Christen katholisch getauft werden durften, die Taufgebühr aber an den evangelischen Pfarrer ging.“ In Groß Ammensleben ist seit 1580 an der einstigen Klosterkirche auch ein evangelischer Pfarrer tätig. Es finden also katholische und evangelische Gottesdienste statt.
Kirchenrechtlich gehörten die Pfarreien zum Apostolischen Vikariat des Nordens und später zum Bistum Paderborn. Als 1804 die Huysburg aufgelöst wurde, wurde ihr Prior, Carl von Eß, Bischöflicher Kommissar für die Region. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es in den Pfarreien nur sehr wenige katholische Christen. Carl von Eß hatte in den Klöstern das Rückgrat der Seelsorge gesehen und für die Zeit nach der Säkularisation sehr pessimistisch in die Zukunft geblickt.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts änderte sich die Situation jedoch durch verstärkt betriebene Landwirtschaft und die aufkommende Industrialisierung. „Zahlreiche zuwandernde Arbeitskräfte ließen die katholischen Gemeinden wachsen“, sagt Pfarrer Zülicke. So kamen zum Beispiel „Schnitter“, Erntehelfer, aus dem Osten, aber auch aus dem Eichsfeld und zum Teil aus Westfalen in die Region.
Nochmals erheblich größer wurden die Gemeinden nach dem Zweiten Weltkrieg, als viele katholische Heimatvertriebene aus dem Osten nach Mitteldeutschland flüchteten. Heute jedoch sind die einstigen Klosterpfarreien zahlenmäßig wieder recht klein geworden. Selbst in Halberstadt, wo allein sechs Klöster bis zur Säkularisation bestanden – zwei von ihnen hatten Pfarrrecht – gibt es heute nur einen Gemeindeverbund unter Leitung von Franziskanern. Diese sind seit 1223 am Ort.
Doris Wacha jedenfalls ist es schon ein wenig bange um die Pfarrei in Adersleben. „Im Rahmen der Gründung von Pfarrverbünden wird unsere Pfarrei St. Nikolaus künftig ebenfalls zum zwölf Kilometer entfernten Halberstadt gehören“, erklärt die engagierte Frau. „Wir haben schon Sorge, wie es weitergehen soll. 2010 würden wir gern den 750. Weihetag des Klosters Adersleben begehen. Erst aber hoffen wir, dass wir im nächsten Jahr noch einmal in unserer Kirche Firmung feiern können.“

Text und Foto:Eckhard Pohl

Quelle: KirchenZeitung für das Bistum Aachen, 13. November 2005, 60. Jahrgang. Nr. 46, S. 32f
im Internet unter »»KirchenZeitung für das Bistum Aachen

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